„Bei meinem ersten Job überzeugte mich noch der Firmenwagen im Gehaltspaket. Heute sehe ich das anders – wie viele. Mit Homeoffice, Remote Work & Co. muss das berufliche Unterwegssein mit Mobilitätsbudgets & Co. neu gedacht werden.” Corinna Döpkens, Beraterin für Travel Management
Der Firmenwagen war für mich vor 20 Jahren bei meinem ersten Bürojob nach dem Studium ein Entscheidungskriterium – obwohl ich mitten in Hamburg wohnte, Parkplätze Mangelware waren und das Auto tagelang ungenutzt stand. Über die 1-Prozent-Regelung musste ich den Wagen versteuern, weshalb das Auto auch nicht ganz kostenneutral war. Trotzdem funktionierte es damals bei mir als Anreizsystem und motivierte mich.
Heute hat sich das komplett gedreht. Eine Freundin erzählte mir kürzlich, dass sie einen Firmenwagen abgelehnt hat, obwohl ihr Arbeitgeber 100 Kilometer entfernt und kompliziert mit dem ÖPNV zu erreichen ist. Doch durch Homeoffice ist sie maximal einmal pro Woche im Büro und fährt dann lieber mit Bus und Bahn, ohne Stau und ohne abendliche Parkplatzsuche. Ein Auto lohnt sich für sie nicht.
The time is now – für neu gedachte betriebliche Mobilität
Beispiele wie diese zeigen, wie viel Umbruch in Unternehmen stattfindet. Neue Hybrid-Arbeitsmodelle eröffnen neue Möglichkeiten und verändern auch das Ökosystem der betrieblichen Mobilität. Der tägliche Weg ins Büro war gestern. Homeoffice und vielleicht sogar Remote Work an einem anderen Ort werden immer selbstverständlicher.
Diese Veränderungen im Mobilitätsverhalten fordern neue innovative Lösungen und Angebote der Arbeitgeber – die Themen New Work und New Mobility sind eng verknüpft.
Der Bereich der Unternehmensmobilität wird dadurch sicher komplexer und nutzerorientierter. Große multinationale Unternehmen sind oft gut genug strukturiert, um alternative Mobilitätslösungen ganzheitlich einzuführen. Hier werden Travel und Fuhrpark Manager zu Mobility Managern oder sogar zu Workplace & Mobility Managern und sind für alle zukunftsorientierten Themen wie New Work, Health & Safety und Mobility im Lead. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sieht es anders aus. Oft sind die Zuständigkeiten nicht geklärt, und es fehlt an Zeit und Know-how.
Was ist eigentlich ein Mobilitätsbudget?
Eine Option im Bereich „New Mobility“ ist das sogenannte „Mobilitätsbudget“. Vor einigen Monaten hat mich ein Partner-Beratungsunternehmen gefragt, ob ich auch in diesem Segment Kunden unterstütze. Bis dato nicht, doch seitdem beschäftige ich mich intensiv damit und bringe das Thema bei meinen Kunden ins Gespräch.
Im engeren Sinne meint Mobilitätsbudget, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern kein festes dienstlich genutztes Fahrzeug mehr zur Verfügung stellen, sondern ein zuvor fixiertes Budget zur freien Nutzung.
Definierte Normen gibt es dabei nicht. Mobilitätsbudgets beinhalten beispielsweise Jobtickets und Budgets für Sharing-Angebote. Genauso gut können aber auch die Monatsbeträge für ein Fahrradleasing, ein Auto-Abo oder der monatlich umgelegte Anteil einer BahnCard enthalten sein. In ihrer Höhe variieren Mobilitätsbudgets in Abhängigkeit von der Zielgruppe im Unternehmen.
Flexibilität und Employer Branding für alle
Das Thema ist nicht neu, aber es hatte vor der pandemiebedingten Transformation und New-Work-Diskussion kaum Relevanz. Jahrzehntelang war das Auto „das“ Statussymbol, gerade in Deutschland. Mit dem veränderten Konsumverhalten ist nun aber Flexibilität in der Nutzung der Mobilität wichtiger geworden als der Besitz, vor allem bei den Jüngeren. Zum täglichen Pendeln sind nun Jobticket und E-Scooter gefragt, für Dienstfahrten und den Ausflug am Wochenende Carsharing-Autos und für den wöchentlichen Einkauf Lastenfahrräder.
Zugleich vermischen sich Business und Leisure auch im Bereich Mobility immer mehr. Während die private Nutzung des Firmenwagens oft nur Führungskräften oder dem Vertrieb vorbehalten ist, kann nun über Mobilitätsbudgets und deren Flexibilität das Thema Employer Branding für alle und gerechter gedacht werden – und wird so auch zu einem einen attraktiven Benefit für alle Mitarbeiter aller Bereiche und Gehaltsgruppen.
Ein weiteres Pro-Argument ist der Klimaschutz, denn ein innovatives Mobilitätskonzept ist klar ein Beitrag zur nachhaltigen Unternehmensstrategie. Bisherige Fuhrpark- und Reiserichtlinien lassen sich mit Mobilitätsbudgets und CO2-reduzierenden Mobilitätslösungen ein Stück weit erneuern. Alle Unternehmen haben Möglichkeiten, hier aktiv zu werden und können dies nicht zuletzt als Baustein ihrer CSR-Strategie nutzen.
Mobility- statt Travel Policy
In den meisten Unternehmen gibt es eine Reiserichtlinie, die jedoch oftmals nicht „up to date“ oder unübersichtlich ist. Viele Mitarbeiter kennen diese Policy vielleicht auch gar nicht.
Weitere Mobilitätsthemen sind an anderer Stelle geregelt, z.B. bezüglich eines Firmen-/Jobtickets für Bus und Bahn, der Parkplatznutzung oder eines Fahrradleasing-Angebots. Vor allem bei kleinen Unternehmen sind diese Regeln nicht immer in formalen Richtlinien ausführlich schriftlich fixiert, dort geben eventuelle Beschlüsse oder Anweisungen der Geschäftsleitung oder einfach die “gelebte Praxis” vor, wie die betriebliche Mobilität abgewickelt wird. Das ist unübersichtlich und führt dazu, dass die Mitarbeiter das Thema nicht mittragen. Ein Dokument mit allen Informationen ist zielführend – eine Mobility Policy statt einer Travel Policy, in der alle die Mobilität betreffenden Aspekte geregelt sind.
Das macht Arbeit. Ja. Je mehr Mitarbeiter ein individuelles Budget erhalten und je größer das nutzbare Mobilitätsangebot ist, desto aufwändiger werden Verwaltung, Abrechnung und Versteuerung. Trotzdem, am Thema New Mobility geht über kurz oder lang kein Weg vorbei. Und Anbieter bringen vermehrt passende Lösungen auf den Markt – gerade im Bereich digitale Mobilitätsbudgets. Für alle Seiten wird es damit immer leichter, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Corinna Döpkens …
erledigt selbst ihren Job von jedem denkbaren Ort aus und ist in den letzten Jahren bei ihrer Verkehrsmittelwahl noch nie so flexibel gewesen. Bei ihren Kunden sieht sie immer öfter: Mitarbeiter bleiben, wenn sie flexibel mobil sein können – und dies mit neu gedachten Mobility Policies samt fokussierter Fürsorgepflicht.
Fotos: © istock.com/Extreme Media, © istock.com/katleho Seisa, © istock.com/Nudphon Phuengsuwan, © istock.com/chombosan, © istock.com/AscentXmedia