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Good Old Europe in Macau

In China und Portugal zugleich sein? Das funktioniert in Macau auf eigentümlich-charmante Weise – unabhängig vom Casino-Flash.“

Sie können natürlich eine Münze werfen, bevor Sie sich entscheiden, nach Macau zu reisen. Denn schließlich ist die kleine Halbinsel vor der chinesischen Küste die reichste Glücksspielmetropole der Welt. Jeder Spieltisch hier verdient siebenmal mehr Geld als einer in Las Vegas. Doch die Sonderverwaltungszone ist auch ohne den Zeitvertreib an den Daddel-Automaten einen Besuch wert. Nirgends auf der Welt umarmen sich portugiesische Lebensart und chinesischer Pragmatismus so innig wie in Macau. Eine wilde Mischung aus morbidem Europa-Charme mit Gründerzeitfassaden und Kirchturmplätzen und chinesischen Menschenansammlungen – in Gruppen, ohne Körperabstand, gerne auch mit Schirm oder Selfie-Stick, und immer ziemlich laut.

Aber Gegensätze ziehen sich in dieser Stadt magisch an: Während auf der einen Seite weit oben die herrschaftliche mittelalterliche Festung samt „Kanonenblick“ thront, lädt im neuen Macau der Macau Tower zum welthöchsten Bungee-Sprung ein. Und auch ein Rundgang auf dem schmalen Steg, der in 220 Meter Höhe rund um die Aussichtsplattform führt, verschafft einmalige Ein- und Ausblicke auf die Stadt.

Kaum ein Hotel ohne Casino

Macau lohnt sich wirklich für mehr als einen Tagestrip. Hotels zum Bleiben gibt es dafür wie Sand am Meer. Das MGM Macau z. B. liegt im „alten“ Teil der ehemaligen portugiesischen Kolonie. Das Fünf-Sterne-Haus räumt regelmäßig internationale Preise für herausragenden Service ab und ist dabei mit nur ca. 500 Zimmern ein eher kleines Hotel. Zum Vergleich: Das Venetian auf dem neu aufgeschütteten Cotai Strip hat sechsmal so viele Zimmer. Und egal, ob kleines Haus oder Mega-Komplex – ein Casino hat hier so gut wie jedes Hotel. Anders als in den USA werden aber in den Spielhallen keine kostenlosen Drinks serviert. Denn: Die Chinesen nehmen das Spiel wirklich ernst – und zwar ganz und gar ohne Abendgarderoben-Chic wie bei uns. Baccarat, eine lokale Alternative zu 17+4, spielen sie bis zu 18 Stunden täglich. Wer im MGM nicht zocken möchte (alte Regel: „Das Kasino gewinnt immer“), legt sich an den Pool, entspannt in einem der Cafés im überdachten portugiesischen Patio – oder lässt sich immer wieder durch die Stadt treiben.

Im Long Wa Tea House (3 Rua, Norte du Mercado Almirante) z. B. sitzen frühmorgens die Chinesen bei grünem Tee und Dim Sums und lesen Zeitung. Vom lichtdurchfluteten Raum aus sieht man auf das blutrote Backsteingebäude des Red Market: Ein chinesischer Fleisch- und Fischmarkt ist für europäische Gemüter eine echte Grenzerfahrung. Ganz anders die Küche von António Coelho: Er serviert in seinem Restaurant authentische portugiesische Köstlichkeiten in historischem Ambiente. Reservieren Sie unbedingt einen der wenigen Tische auf der schönen Dachterrasse.


Kai Böcking und Sylvie Konzack …

finden, dass man Macau nicht gerecht wird, wenn man die Stadt auf eine künstliches Casino-Retorte á la Las Vegas reduziert. Die portugiesischen alten Tage sind allgegenwärtig und sorgen für eine wilde, friedliche Mischung aus Good Old Europe und chinesischem Pragmatismus.

Fotos: © iStock/Sean3810, © iStock/smshoot, Konzack

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