SINGAPUR
LEISURE

Luxus an der Singapur-Rennstrecke

„Das Marina Mandarin Hotel in Singapur befindet sich einmal im Jahr im Ausnahmezustand – wenn die Formel 1 kommt.“

Der Weg ist das Ziel. Vor allem, wenn man Ende September versucht, das „Marina Mandarin Hotel“ im Her­zen Singapurs zu erreichen. Sogar der Taxi­fahrer muss erst einmal fragen, wie er zu besagter Luxusherberge kommt. Vorbei an einigen Absperrungen, durch mehrere Tiefgaragen, mit Sonderausweis – anders hat man keine Chance. Das Nachtrennen der Formel eins fordert die gesamte asiatische Supermetropole. Und dann das Gefühl – mitten im Wahnsinn – eine Oase der Ruhe gefunden zu haben. Man muss einfach nur durch die Drehtür des Hotels gehen.

Der Blick nach oben ist atemberaubend: Verschiedene Ebenen unterteilen das größte Hotel-Atrium Südostasiens, auf den 21 Etagen reihen sich die Eingänge zu den Zimmern. Pflanzen, warme Töne, edle ­Materialien und Kunstwerke wirken ein­ladend und freundlich. Es ist hell und trotz (oder vielleicht wegen seiner Größe) erstaunlich geräuscharm. Und hier soll das berühmtberüchtigte Formal-eins-Leben stattfinden? Wilde Fahrerpartys, kreischende Fans und ausgeflippte Groupies?

Klar, seit Tagen sind die 575 Zimmer und Suiten bereits ausgebucht. Zwei F-1- Teams haben hier Quartier bezogen. Ob auch die Fahrer hier schlafen, bleibt ein Geheimnis. Ehrensache, schließlich sind diese exklusiven Reisegruppen ein wich­tiger Faktor in der Jahresplanung eines Hotels. Das „Marina Mandarin“ ist eine der wenigen Luxusherbergen direkt an der Rennstrecke, die Nähe zum Fahrerlager ein enormer Wettbewerbsvorteil. Nur der Arbeitsrhythmus der Crews kann für die Gastgeber zur Herausforderung werden, aber dazu später mehr.

Ohrstöpsel inklusive

Das „Marina Mandarin“ ist auch jenseits der Formel eins eines der beliebtesten Hotels der Stadt. Nur wenige Gehminuten vom legendären Raffles Place oder dem Singapore Flyer entfernt und mit direktem Eingang zum Shopping- und U-Bahn-Komplex Marina Square. Das wirkt alles ein bisschen gedrängt, und auch in der Außenansicht präsentiert sich das Haus eher als schmuckloser Klotz. Doch hier zählen andere Werte.

In der ersten Etage im Atrium befindet sich eine sehr offene Rezeption mit äußerst freundlichen Mitarbeitern, die jeden Gast schnell und effizient einchecken. Besondere Gäste begrüßt „The Meritus Ambassador“, eine sehr elegante Dame im roten Seidenkostüm. Eine zweite gibt es auch am Empfang der Club Lounge, die Gästen der exklusiven Meritus Club Rooms vorbehalten ist und diese mit Frühstück, Snacks und Afternoon-Drinks verwöhnt.

Zimmer 1618 ist ein „Excecutive Deluxe Room“ – ein echter Glücksgriff, wenn auch ohne Lounge-Zugang. Vom geräumigen Balkon aus kann man Teile der Rennstrecke überblicken. Damit machen die Ohrstöpsel auf dem Nachttisch auch Sinn. Daneben liegen eine persönliche, handgeschriebene Nachricht des Direktors und ein kleiner aber feiner Gruß aus der hauseigenen Patisserie – ein F-1-Auto aus Schokolade. Angenehm!

Normalerweise sind 70 Prozent der Gäste Geschäftsreisende, die das Haus wegen seiner Lage und dem erstklassigen Service schätzen. Auch die vier verschiedenen Restaurants kommen an, darunter das preisgekrönte „Peach Blossom“ samt chinesischem Chefkoch, das in Singapur als eines der besten kantonesischen Fine-Dining-Restaurants gilt und berühmt ist für die fantastische Auswahl an Dim Sums. Wer morgens Zeit übrig hat, geht ins Gym, zieht seine Bahnen im extra abgetrennten Bereich des 25-Meter-Pools oder lässt sich zu fairen Preisen beim Maßschneider auf der Shopping-Etage ein paar Hemden machen.

Frühstück nach 13 Uhr

An diesem Wochenende aber ist alles anders. Formel-eins-Teams, Fans und Touristen bevölkern das Hotel. Die rund 500 Mitarbeiter müssen sich auf einen ganz anderen Ablauf einstellen. Da das Rennen in Singapur das einzige Nachtrennen der Weltmeisterschaft ist, wird hier lange geschlafen, spät gefrühstückt und bis in die Puppen gefeiert.

Ja, das mit dem Schlaf. Die Crews und Fahrer müssen in ihrem Rhythmus bleiben – und der ist noch auf Europa eingestellt. Also, bis circa 13 Uhr schlafen, dann Frühstück, ab zur Rennstrecke und nicht vor zwei, drei Uhr ins Bett. Deshalb hat fast jedes Zimmer im „Marina Mandarin“ sogenannte „Blackout Curtains“, Vorhänge die das Zimmer total abdunkeln und kein Tageslicht hereinlassen.

Für „normale“ Gäste endet das Frühstück um elf Uhr. Dann werden nicht nur die internationalen Buffet-Stationen abgeräumt, sondern auch die sechs Singvögel, die jeden Morgen zur Frühstückszeit ­neben dem Restaurant zwitschern, in ihre Hauptvoliere zurückgebracht. Die Formel-eins-Klientel erscheint nicht vor 14 Uhr, für sie werden extra zwei Buffets neu aufgebaut – Doppelschicht für das Küchenpersonal. Überhaupt haben am Rennwochenende alle Restaurants, Bars und auch der Zimmerservice besondere Arbeitszeiten. Ein Drink in der Atrium Lounge morgens um drei – kein Problem. Spontan­party in einer Suite – auch kein Thema, das Hotelteam ist 24 Stunden im Einsatz. Und ganz nebenbei macht es auch noch das Catering für einige der exklusivsten F-1-Events. Trotzdem ist die Atmosphäre entspannt. Keine Hektik, unendliche Freundlichkeit, hier wird der Servicegedanke gelebt. Was seinen Preis hat: Ein Doppelzimmer im „Marina Mandarin“ kostet normalerweise ab 113 Euro/Person/Nacht inklusive ­Frühstück. Am Formel-eins-Wochenende ­steigen die Preise um bis zu 100 Prozent. Das liegt aber nicht nur an der großen Nachfrage, sondern ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Regierung Singapurs eine Art Sondersteuer während des Events erhebt. 30 Prozent der Zimmerpreise müssen die Hotels, die direkt an der Renn­strecke liegen, an den Staat weitergeben.

Tagsüber befindet sich das Hotel an diesem Wochenende in einer Art „Warm-up-Phase“. Sobald es dunkel wird, leeren sich die Außenpools und die Restaurants und Bars füllen sich.

Die Atrium Lounge auf der vierten Etage, in der das Hotel während der Formel eins ein weiteres Buffet-Restaurant anbietet, wird zum Treffpunkt vor den Rennabenden. Ein Drink vor dem Qualifying, Treffen mit anderen Fans – man spürt förmlich, wie das Rennfieber eine ganze Stadt packt. Wenn die Fahrer in die Wagen steigen, wird es draußen ohren­betäubend laut und im Hotel flüsterleise. Die wenigen Gäste, die nicht auf ihren Balkons stehen oder auf den Tribünen an der Strecke sitzen, haben das Hotel fast für sich allein. Der Hoteldirektor lädt ganz leger ein paar Freunde in eine kleine Suite mit Panoramablick auf die Rennstrecke ein. Fingerfood, Drinks und ein riesiger Plasma-Fernseher sind das Set-up für diesen Abend. Das Finale eines Wahnsinnswochenendes, das Sebastian Vettel mit einem grandiosen Sieg kürt.

24 Stunden später ist die Zufahrt zum „Marina Mandarin Hotel“ wieder frei. Der Alltag kehrt wieder ein in Singapur. Bis zum nächsten Jahr, wenn die Taxifahrt zum Luxushotel wieder durch die Tiefgarage führt.


Kai Böcking …

liebt Singapur vor allem wegen seiner bunten, quirligen Küche in allen Winkeln der Stadt. Doch an diesem Renn-Wochenende erlebte er auch, wie entspannt-spannend Hotelluxus im Ausnahmezustand sein kann.

Auf einen Blick

Key-Facts: Das Marina Mandarin Hotel befindet sich mitten im Singapore’s Central Business District, an der Rennstrecke,mit direktem Zutritt zur Marina Square Shopping Mall. Es gibt 575 Zimmer und 21 Suiten, Meritus-Club-Zimmer mit Zugang zur Club Lounge, Spa, Außen-Pool (mit 25-Meter-Sportschwimmbecken), Gym, Schneider, Firseur, 24-Stunden-Roomservice.

Gastronomie: Aqua Marine (Frühstücks-, Lunch- und Dinner-Buffet), Peach Blossom (kantonesisches Fine Dining), Atrium Lounge, Senses Patisserie, Ruth’s Chris Steak House, Pool Bar

Preis: Im DZ mit Frühstück pro Person ab 113 Euro (Fr – So, ab € 131 Mo – Do. // EZ)

Adresse: Marina Mandarin Hotel, 6 Raffles Boulevard, Marina Square, Singapore 039594, Tel.++65/68 45 10 00, www.meritushotels.com

Fotos: Marina Mandarin Hotel

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