Bleisure-Trends
BUSINESS WORKATION

Workation weiter im Praxistest-Modus

Workation-Optionen sind gefragt und binden Mitarbeitende. Doch letzteres ist bei Arbeitgebern noch immer nicht bekannt genug, auch nicht welche Mitarbeitende darauf setzen. Zudem informieren Angestellte nicht ausreichend ihre Vorgesetzten über Workation-Aktivitäten. Eine PwC-Studie gibt Einblicke in aktuelle Diskrepanzen zum Trendthema Workation.“ Sylvie Konzack

Workation im Alleingang: In der Studie gab mehr als jeder Zehnte (14 Prozent) an, seinen Arbeitgeber vor oder nach der Workation-Reise nicht über sein grenzüberschreitendes Arbeiten informiert zu haben. Die Autoren vermuten entsprechend eine hohe Dunkelziffer nicht genehmigter Arbeitsaufenthalte im Ausland und damit verbunden hohe Risiken bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Themen für Arbeitgeber. Denn je nach Land können u.a. zusätzliche Steuern für das Unternehmen anfallen, weil eine Betriebsstätte im Aufenthaltsland entsteht oder der Arbeitgeber einer Lohnsteuerabzugsverpflichtung unterliegt. Auch fehlende versicherungsrechtliche Anmeldungen können zu großen Schäden führen. Selbst bei Aufenthalten in europäischen Ländern lauern Fallstricke, die Unternehmen immer vorab prüfen sollten“, so Jana-Denise Weber, Director bei PwC Deutschland. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft hatte im Dezember 2022 für die Studie „Workation zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ online 1.000 Berufstätige aus 15 Branchen im Alter von 18 bis 65 Jahren befragen lassen. Die Unternehmen der Befragten hatten alle ihren Sitz in Deutschland und ihre Tätigkeiten ließen sich grundsätzlich im Homeoffice ausüben.

Jeder Arbeitnehmer muss also wie bei einer Dienstreise über seine Workation-Pläne vorab seinen Arbeitgeber informieren und sich die Erlaubnis einholen. Doch zugleich müssen Unternehmen Reiserichtlinien für Remote-Work-Trips entwickeln und diese transparent machen. Auch hier herrscht eine Lücke: Vier von zehn Beschäftigten, die grundsätzlich Workation nutzen dürfen, kennen die geltenden Regelungen nicht. Dabei ist genau das wichtig, wenn sich Unternehmen mit Workation-Angeboten attraktiver aufstellen wollen und dies aktiv in ihr Employer Branding und Recruiting integrieren.

Spanien und Italien an der Spitze

Stellt sich die immer wieder dynamisch entwickelnde Frage: Wer will aktuell Workation-Angebote nutzen? Und warum?
72 Prozent der Befragten sagen, dass das ortsunabhängige und auch grenzüberschreitende Arbeiten es möglich macht, Verwandte und Freunde im Ausland zu besuchen – dies ist vor allem auch für international agierende Unternehmen interessant. Noch mehr (76 Prozent) nennen, dass dies ihre Produktivität steigert und die Zufriedenheit im Job erhöht (79 Prozent). Workation wird dabei vor allem auch als Winterflucht verstanden – die meistgenannten Zielländer für eine Workation sind Spanien (37 Prozent) und Italien (32 Prozent) gefolgt von Österreich (28 Prozent), Griechenland (25 Prozent) und Frankreich (23 Prozent).

Unter 40-Jährige wünschen sich mehr als Homeoffice

Für zwei der drei Befragten kommt eine Workation grundsätzlich in Betracht. Gerade Berufstätige, die jünger als 40 Jahre alt sind, möchten dabei oft ortsunabhängig arbeiten – auch grenzüberschreitend. Sie wünschen sich im Sinne eines hybriden Arbeitens damit mehr als nur Homeoffice-Optionen.

Insgesamt 80 Prozent würden eine Workation nutzen, um einen privaten Urlaub um einige Tage zu verlängern, also in gewisser Weise das umgekehrte Bleisure-Prinzip. Und ebenso viele (81 Prozent) würden eine arbeitgeberfinanzierte Workation begrüßen, was danach gefragt im Ergebnis wenig überraschen dürfte. 77 Prozent nannten schließlich auch, dass es attraktiv sei, in einer Immobilie des Arbeitgebers im Ausland „Working from anywhere“ zu betreiben.

Bei den 18- bis 29-Jährigen und der damit stärksten Workation-Gruppe waren 35 Prozent einmal, 27 Prozent schon mehrmals zum Arbeiten im Ausland, bei den 30- bis 39-Jährigen sind es 37 (einmal) bzw. 17 (mehrmals) Prozent.
Über alle Altersgruppen hinweg haben 42 Prozent der Befragten Workation-Erfahrung. Gut jeder Vierte (26 Prozent) hat hierbei mindestens einmal mobil vom Ausland aus gearbeitet, 16 Prozent schon mehrmals – dies vor allem Männer: Hat von ihnen bereits jeder Zweite schon ein oder mehrmals international remote gearbeitet, ist es bei den Frauen bislang nur jede Dritte gewesen.

Betrachtet nach Branchengruppen, sind ein- und mehrmalige Workation-Aufenthalte im öffentlichen Sektor deutlich seltener (12 bzw. 10 Prozent einmalig bzw. mehrmalig) als in der Industrie (29 bzw. 18 Prozent), Dienstleistung (28 bzw. 18 Prozent) sowie im Handel und Konsumgüter (25 bzw. 14 Prozent). Im Detail waren in der Automobilindustrie (39 Prozent), in der Technologie, Medien und Telekommunikation (39 Prozent) und in den Financial Services (36 Prozent) die meisten schon einmal in einer Workation. Mit mehreren Workations steht die Branche „Technologie, Medien und Telekommunikation“ klar an der Spitze (28 Prozent).

Generell zeigt sich die Tendenz: Wer ohnehin jederzeit von zu Hause aus arbeiten kann, ohne dies abstimmen zu müssen, zählt die meisten Workation-Aufenthalte (38 Prozent einmal, 19 Prozent mehrmals in Workation).

Aber die Nutzung von Workation-Optionen hängt auch mit dem Haushaltsnettoeinkommen zusammen. Erst ab 2.000 Euro bis unter 4.000 Euro wird Workation ein Thema (15 Prozent). Bei den beiden nächsthöheren Gruppen (bis 6.000 Euro und mehr) lag der Wert bei jeweils gut einem Fünftel (21 Prozent).
Und interessant: Mehrpersonenhaushalte mit Kindern stellen mit aktuell 36 Prozent die größte Gruppe, die mindestens einmal eine Workation unternommen hat.

Wieviele Workation-Tage erlauben Firmen wo?

Ist das Arbeiten aus dem Ausland gestattet, erlauben Arbeitgeber der Befragten in der Studie dafür durchschnittlich 30 Tage im Jahr. Die Befragten wiederum wünschten sich im Schnitt 45 Tage – das sind rund 50 Prozent mehr als aktuell in der Regel erlaubt sind.

Rund jeder Zweite (52 Prozent) darf dabei aktuell mobil aus dem Ausland arbeiten. Für die Mehrheit wiederum davon (36 Prozent) ist dies innerhalb der Europäischen Union erlaubt, für etwa jeden sechsten Beschäftigten auch außerhalb der EU.

Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten erlauben ihren Mitarbeitenden tendenziell häufiger, mobil aus dem Ausland zu arbeiten: Innerhalb der EU sind es 39 Prozent gegenüber 33 Prozent bei den kleineren Unternehmen, außerhalb der EU sind es 20 Prozent gegenüber 12 Prozent.

Zwei Drittel der Mitarbeitenden informieren in erster Linie ihre Vorgesetzten über ihre Workation-Pläne, ein Drittel und/oder die Personalabteilung, dies vor allem in den größeren Unternehmen (44 Prozent) als in kleineren (29 Prozent). 13 Prozent wissen wiederum nicht, wen sie informieren müssen.

Für die Studien-Autoren ist klar: Es geht jetzt darum, dass die flexiblen Arbeitsmodelle als Vorteil genutzt werden und ihre Möglichkeiten im Unternehmen klar kommuniziert werden. Für acht von zehn Befragten unter 40 Jahren ist eine Workation bei der Jobwahl wichtig. „Bieten Arbeitgeber mobiles Arbeiten und Workation nicht an, werden sie es künftig noch
schwerer haben, neue Fachkräfte zu finden“, ist Daniel Lafrentz, Director bei PwC Deutschland, überzeugt. Doch bei einem
Drittel der Befragten erlauben ihre Arbeitgeber keine Workation. Dies gilt vor allem bei kleineren Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten und im öffentlichen Sektor – hier nennen mehr als die Hälfte ein Verbot (52 Prozent). Und: 15 Prozent wissen der Arbeitnehmer wissen schlichtweg nicht, ob sie die Möglichkeit dazu haben.


Sylvie Konzack …

sagt auch: Jedes Unternehmen muss sich heute zu dem Thema positionieren und in alle Richtungen rechtssicher aufstellen. So wird Workation praxistauglich. Interessant findet sie die Erkenntnis der Studie, dass vor allem auch Familien, Männer bzw. Besserverdienende Workation nutzen und nicht allein das Klischee des ungebundenen, stark fordernden jungen Berufstätigen bei dem Thema gilt.

Fotos (von oben nach unten): © iStock.com/Martin Barraud, iStock.com/SDI Productions, iStock.com/RiskaiStock.com/UserGI15613517

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