„Zu gefährlich? Die Umgebung viel schöner? Stimmt nicht. Nicht mehr! Marseille überrascht und begeistert. Vor allem, wenn man in einem Lifestyle-Hotel direkt am Meer einchecken kann.“
Nicolas nimmt mir gleich bei meiner Anreise meine letzten Zweifel am Zwei-Tages-Trip nach Marseille. Er ist Mitte 20, in Marseille geboren, sehr reflektiert, sehr begeisterungsfähig. Einer, den man von der Straße weg für noch viele andere Aufgaben und Jobpositionen engagieren sollte als für meinen Fahrdienst vom Flughafen ins Hotel.
„Marseille ist momentan die lebenswerteste Stadt in Frankreich“, sagt er mit Blick auf ein paar Jahre, die er in Paris gelebt hat. „Perfekt gelegen, vieles in den letzten Jahren renoviert und entwickelt. Eine Stadt mit etlichen neuen Perspektiven.“ Einfach ganz anders als Paris, dem selbsternannten Nabel der Welt – nun ja, das sagen wohl alle nicht-pariser Franzosen über die Hauptstadt.
Marseille habe es dagegen in den letzten zehn Jahren geschafft, seine großen Kriminalitätsprobleme in den Griff zu bekommen. Die Stadt sei wieder viel, viel sicherer geworden. Allein das Gebiet um den Alten Hafen komplett renoviert, die Geschäftsviertel um viele moderne Hochhäuser gewachsen. Zugleich fasziniere die Mittelmeerstadt durch ihre wechselhafte, jüngere und ältere Geschichte. Durch das raue wie süße Leben, die Kontraste, die diese Stadt auch für die Kunst so aufregend mache.
Das Hotel Nhow Marseille, vor dem mich Nicolas eine gute halbe Stunde später absetzt, steht par excellence für dieses so gegensätzlich-aufreibende Lebensgefühl in Marseille. In den 1970er Jahren als Palm Beach Hotel terrassenartig in den Fels gebaut, thront es bis heute an der noblen Südküste mit der Adresse „Corniche Président John Fitzgerald Kennedy“. Zwischen dem Alten Hafen und dem Viertel Prado, zwischen der Süßwasser-Quelle Roucas Blanc und dem Mittelmeer, in das die Quelle mündet. Lage, Lage, Lage, wie es so schön heißt.
Zuletzt war es ein solides Tagungs- und Kongresshotel, gemanagt von einem französischen Hotelkonzern. Eines, in dem sich die Großen und Wichtigen der Stadt regelmäßig trafen und ihre Strippen zogen. Kein offenes Haus für jedermann, aber ein Hotel, das jeder in der Stadt und weit darüber hinaus kannte.
Seit Sommer 2018 ist hier buntes Leben, Sunshine-Hotel und Street Art angesagt. Das solide Businesshaus hat sich in ein lebendiges Lifestyle-Hotel verwandelt und schon bei der offiziellen Eröffnung das Interesse der angereisten Presse aus Paris und dem Rest der Welt auf sich gezogen. Sie alle blickten bei der Feier amüsiert auf die 4.000, von der Decke hängenden Stahlsardinen in der neuen Sky Bar, auf hunderte quietschgelbe Enten im Pool, und auf ein Service-Team mit gelben Sonnenbrillen auf der Nase, das stolz-entspannt auf der Terrasse den Champagner ausschenkt.