„Fast 40 Prozent der Bankenwelt mixt seit Anfang 2023 verschiedene Arbeitsorte. Damit sind wissensbasierte Dienstleistungen endgültig im Zeitalter hybrider Arbeitsformen angekommen, so der Tenor einer aktuellen Studie des Arbeitgeberverbands des privaten Bankgewerbes e.V., und damit verbunden mehr Zufriedenheit und das Gefühl der Gesundheitsförderung.“ Sylvie Konzack
Noch 2022 waren im privaten Bankgewerbe 40 Prozent der Beschäftigten überwiegend mobil und nur rund 20 Prozent in einem Mix verschiedener Arbeitsorte tätig. Zum Jahresbeginn 2023 hat sich dieses Verhältnis umgekehrt, und für zwei Drittel der Bankbeschäftigten ist die Zusammenarbeit im Team von verschiedenen Orten aus zum Alltag geworden. Das sind einige Ergebnisse einer repräsentativen Beschäftigtenbefragung, die der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) im Februar 2023 durchgeführt hat. Das Verhältnis von Büro- und Mobilarbeit hat sich im zurückliegenden Jahr erheblich in Richtung einer ausgewogenen Mischung verschoben. Die wissensbasierten Dienstleistungen seien damit endgültig im Zeitalter hybrider Arbeitsformen angekommen – und diese wirken dank höherer Autonomie und Flexibilität der Beschäftigten überwiegend gesundheitsfördernd und entlastend, so die Einschätzung des Verbands. Diesem gehören rund 100 Groß-, Regional-, Pfandbrief-, Spezialbanken, Privatbankiers und Bausparkassen mit rund 135.000 Beschäftigten an.
Im Bankensektor zwei Drittel mobil
Dabei hat sich das mobile Arbeiten seit Pandemie-Beginn mehr als verdoppelt. Im privaten Bankgewerbe arbeitete Anfang 2020 noch jeder vierte Beschäftigte mindestens gelegentlich mobil, aktuell sind es 67 Prozent. Damit gehören die Banken zu den Branchen mit dem höchsten Mobilarbeits-Anteil.
Seit 2022 hat sich das Niveau nicht erhöht, worin AGV Banken ein deutliches Indiz sieht, dass das Potenzial an Mobilarbeit derzeit ausgeschöpft ist. „Der Wunsch nach mobiler Arbeit und das tatsächliche Ausmaß liegen heute auf einem höheren Niveau als vor der Pandemie und deutlich näher beieinander. Im privaten Bankgewerbe möchten 87 Prozent und können 67 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal wöchentlich von zu Hause arbeiten“, heißt es. Mobilarbeit hat sich inzwischen auch auf Tätigkeiten mit Kundenkontakt ausgeweitet. Noch mehr Flexibilität ist bei vielen Beschäftigten aber gewünscht, z.B. bei der Verteilung der Arbeitszeit von täglicher auf wöchentliche Höchstarbeitszeit oder die Möglichkeit, im Rahmen einer 5-Tage-Woche auch an Samstagen arbeiten zu können.
Mobiles Arbeiten ist erwachsen geworden
Entlastung, Effizienz, gute Teamkultur – das sind die positiven Effekte, die die häufig hybrid Arbeitenden im Rahmen der Arbeitgeberverbandsbefragung nennen. “Wer mobil und hybrid arbeitet, ist überdurchschnittlich zufrieden und gesund. Insbesondere auf die psychische Verfassung der Beschäftigten wirken sich mobile und hybride Arbeitsformen positiv aus“, schreibt AGV Banken. Erfahrene Mobilarbeitende, die bereits vor der Pandemie häufiger außerhalb des Büros gearbeitet haben, leiden dabei sogar noch seltener unter Stress und Erschöpfung als Mobilarbeits-Neulinge. Und speziell auch Führungskräfte sehen die hybriden Arbeitsformen als Erleichterung: Bei allem teilweise erhöhten Koordinationsaufwand vereinfache die Mischung aus Führung auf Distanz und wieder verstärktem persönlichen Austausch und verbesserter Kommunikation offensichtlich eine Reihe komplexer Führungsaufgaben.
Damit hätten sich seit der Pandemie Arbeitsorganisation, -bedingungen und Unternehmenskulturen in dezentralen Strukturen offenbar so verbessert, dass sie mobil und hybrid Arbeitenden ein zunehmend stressfreies Umfeld bieten. Drei Jahre nach dem Pandemie-Ausbruch ist die Mobilarbeit somit „erwachsen“ geworden.
In der weiteren Perspektive sind nun wachsende differenzierte Lösungen relevant. „Die Qualität mobiler und hybrider Arbeitsformen lässt sich nicht mit dem Zollstock vermessen. Gefragt ist, was Flexibilität und persönlichen Austausch miteinander verbindet – unabhängig vom genauen Ausmaß an Mobil- und Büroarbeit“, betont der AGV-Hauptgeschäftsführer Carsten Rogge-Strang. In der hybriden Arbeitswelt sei „Autonomie endgültig zum überragenden Treiber für Arbeitszufriedenheit und Gesundheit“ geworden, dies verbunden mit einem gelernten verantwortungsbewussten Umgang.
Sylvie Konzack …
ist überrascht, wie sehr die Verbandsstudie den Gesundheitsaspekt betont und auch Kundentätigkeiten im hybriden Mix alltäglich werden. Wer hätte das über den häufig als konservativ beschriebenen Bankensektor gedacht.
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