„Ich liebe Workation in Südafrika und brauche dafür hin und wieder einen richtigen Arbeitsplatz. Von Industrie- bis Kolonialstil, von Waterfront bis Township – seit einiger Zeit sprießt hier eine Vielfalt an Coworking-Anbietern aus dem Boden.” Corinna Döpkens, Beraterin für Travel Management
Jeder, der schon einmal eine Workation gemacht hat, kennt das sicher: Man hat ein wunderschönes Apartment, vielleicht mit Sea View oder Bergpanorama. Aber der Arbeitsplatz fehlt!
Am Westkap finden sich einige über Vermittler wie Airbnb, die meisten haben jedoch keinen Schreibtisch, meistens nicht einmal einen Esstisch, an dem man arbeiten kann. Halb sitzend, halb stehend absolvierte ich schon diverse Video Calls am Küchentresen, hielt Vorlesungen oder arbeitete einfach so. Nach einer gewissen Zeit macht das aber keinen Spaß mehr. In meinem oft gebuchten Apartment ziehe ich dann meist an den großen Tisch auf der Terrasse um, wo es wiederum irgendwann zu heiß wird, für Videokonferenzen ohnehin zu hell ist, und bei einigen Kunden ist es vielleicht auch nicht angebracht, mit der Sonnenbrille in die Kamera zu schauen.
You can work from anywhere – aber bitte dann ab und an und ein paar Stunden doch in einer richtigen Arbeitsatmosphäre mit Schreibtisch, genügend Steckdosen, klimatisiert und mit Ruhe zum Arbeiten.
Neue Arbeitswelt in Südafrika

In Kapstadt arbeite ich gern remote in meinem Second Home. Ich brauche die Sonne und den Blick auf die False Bay, um kreativ zu sein, manchmal aber auch den Austausch im Café Salt um die Ecke, das morgens ein Network-Punkt ist. Und dann gibt es wieder To Do`s, die ich lieber in einem „Büro“ erledige. Die Mischung macht es einfach, finde ich.
Solche Offices findet man in Südafrika mittlerweile zur Genüge. Denn die Arbeitswelt hat sich auch am Kap komplett verändert. Allein Kapstadt war für Digital Nomads schon immer attraktiv, jetzt ist die Metropole zum Hotspot geworden. Eine gute Freundin von mir ist vor Covid-19 jeden Tag in ihr Büro bei der First National Bank in die City gefahren, mittlerweile arbeitet sie zu 90 Prozent im Homeoffice, so wie viele Südafrikaner. Und dann gibt es noch die vielen Domestic Traveller aus Johannesburg, Durban oder Pretoria. Viele von ihnen bleiben inzwischen länger irgendwo an der Küste des Landes und arbeiten von dort aus weiter. Einige sind sogar komplett umgezogen, weil eine Präsenz im Office kaum noch notwendig ist. Und all diesen „Remote Worker“ wird es ähnlich gehen wie mir: Manchmal muss man einfach konzentriert arbeiten.
Industriegebäude und Add-ons

Am Westkap gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Coworking Spaces, die wie fast alles dort Lifestyle pur sind. Besonders gut gefallen mir die Locations von Ideas Cartel, die sich passenderweise als Neuanfang und zweite Chance der Arbeitswelt verstehen. Und diesen Spirit spürt man sofort, wenn man in einem der vier Spots arbeitet.
Mit der Old Foundry in Green Point und 113 Loop gibt es zwei „Inner City Adressen“ in Cape Town. Casa Labia ist etwas außerhalb in Muizenberg/St. James, wo ich oft mein zweites Zuhause habe. Und dann gibt es noch das Ambassade in Stellenbosch. Alle Locations sind sehr besonders und exquisit eingerichtet. Das Casa Labia beispielsweise ist eine alte Residenz und die Old Foundry ein „shabby chic“ Industriegebäude.
Die Angebote für Coworking sind bei Ideas Cartel vergleichbar mit vielen in Europa: Man kann klassisch in geteilten Räumen Hot Desks oder Fixed Desks mit möglichen Tagespässen mieten, außerdem Private Offices und natürlich auch Meetingräume, die teilweise in den Raten inkludiert sind. Hinzu kommen viele andere Welten: Neben Coworking gibt es hier einen Members Club und Restaurants in zwei Locations. Zur Gruppe gehören zudem drei Boutique Hotels. Über Cartel Coliving kann man Serviced Apartments mit value-added Services wie Gym und Pool buchen. Und die Venues können u.a. für private Veranstaltungen, Abendessen, Konferenzen und Film- oder Fotoshootings genutzt werden. Alle Angebote sind miteinander verknüpft. Coliving-Gäste können z.B. auch das Coworking Space nutzen.

Unten Trubel, oben Arbeitsruhe
Ein weiterer Coworking Space, den man sich unbedingt ansehen sollte, ist der Workshop17 mit zwei Locations in Kapstadt und weiteren in Johannesburg und Paarl. Mir hat es der Workshop17 in der oberen Etage des Watershed angetan, einem umgebauten Lagerhaus im Hafenviertel von Kapstadt und direkt an der Waterfront. Es gibt bequeme und flexible Arbeitsplätze im Open-Plan-Format und geschlossene Bereiche für Meetings, Workshops und Veranstaltungen. Unten im Watershed haben junge kreative Designer und Labels kleine Shops und nebenan im V&A Food Market kann man wunderbar lunchen oder sich einfach nur einen frischen Saft oder ein Eis holen. Im Workshop17 gefällt mir besonders gut, dass man mitten im Leben ist und trotzdem konzentriert arbeiten kann. Unten ist der Trubel und oben ist eine gute, ruhige Arbeitsatmosphäre.
Workshop17 wurde 2022 bei den Africa Startup Awards als bester Coworking Space in Südafrika ausgezeichnet. Auch in den Vorjahren gab es etliche Preise.

Coworking im Township
Neben diesen regulären Spaces gibt es, meist von NGOs unterstützte, Coworking-Orte wie das Hubspace in Khayelitsha, eines der größten Townships in Südafrika. Hier läuft es etwas anders. Unternehmer können eine Patenschaft für Gründer aus Khayelitsha übernehmen und ihnen einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Patenschaft verschafft dem Entrepreneur einen unbegrenzten Zugang zu Hubspace – und damit die Nutzung von Besprechungsräumen, Empfangsdiensten, Chill-out-Bereichen, einer voll ausgestatteten Küche, sicheren Parkplätzen sowie zusätzlichen Veranstaltungsräumen im Innenhof und auf der Dachterrasse. Die Initiative hofft, Unternehmern dabei zu helfen, dem Kreislauf der Armut zu entkommen, indem sie etwas bewirken können und damit auch etwas in ihrer Gemeinschaft bewirken.
Ein ähnliches Konzept bietet CiTi (Cape Innovation & Technology Initiative), ein gemeinnütziges Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, “durch Technologie und Innovation eine zukunftsfähige, integrative Gesellschaft aufzubauen”, wie es heißt. Bandwidth Barn von CiTi in Woodstock bietet Infrastruktur-Unterstützung für Technologie- und technologiegestützte Unternehmen, die in Kapstadt wachsen und sich vernetzen wollen. Hier können Unternehmer eine breite Palette von Einrichtungen nutzen, wie einen gemeinsam genutzten Arbeitsbereich, Sitzungs- und Veranstaltungsräume. Khayelitsha Bandwidth Barn wiederum ist Südafrikas einziges in einem Township angesiedeltes Technologiezentrum und unterstützt Unternehmer und Organisationen, die Produkte und Dienstleistungen für die Township-Wirtschaft entwickeln. Ein tolles Projekt, das dazu ermutigt, sich vor Ort in einem kreativen und sozialen Raum zu engagieren, während Technologieprodukte und -dienstleistungen entstehen, die das tägliche Leben der Menschen in ihrem Umfeld verbessern werden.

Find your Space
Es gibt viele weitere Locations am Westkap und natürlich in ganz Südafrika. Doch das Thema Arbeitsatmosphäre ist sehr individuell, und jeder muss für sich herausfinden, wie und wo er arbeiten kann. Über einen „Probetag“ findet man schnell heraus, ob man sich wohlfühlt und inspiriert und konzentriert arbeiten kann. Die Community muss einfach passen und der „South African-Vibe“ stimmen!
Corinna Döpkens …
arbeitet in Südafrika mehrmals im Jahr remote. Dies sowohl für ihre Travel-Management-Kunden in Deutschland, als auch als Dozentin oder mittlerweile ebenso mit Geschäftspartnern in Südafrika. Beim Coworking hat sie schon so manche kennengelernt.
Fotos: © Döpkens, Ideas Cartel, Workshop 17, CiTi/Bandwidth Barn Woodstock