„Der Ballermann ist weg, die Insel im Ruhemodus wieder zurück. Mallorca ermöglicht einen entspannten Urlaubs- und Arbeitssommer 2020, zum Beispiel direkt von der Turmterrasse des Castell Son Claret aus.“ Sylvie Konzack
Ich war zunächst skeptisch, ob Mallorca kurz nach den Lockerungen eine gute Reiseidee ist. Die Bilder ungezügelter Massen an Palmas Ballermann-Meilen beherrschten schnell die Medien. Von einem neuen möglichen Hotspot war die Rede, Verantwortungslosigkeit, einer Insel, die selbst jetzt nicht aus den Klischee-Schlagzeilen herauskommt. Die Lieblingsinsel vieler Europäer – sie muss bei nur teilweise berechtigten Bedenken für jede Art von Freud und Leid herhalten.
Doch Mallorcas Regierung hat sich für den ersten Sommer ohne Ballermann entschieden, um dem wichtigsten Wirtschaftsfaktor 2020 noch eine Chance zu geben. Endlich, nach vielen Jahren der Absichten, der Qualitätstourismus-Kampagnen – und vor allem nach dieser Corona-Erfahrung als einer der am stärksten betroffenen Länder weltweit. Dabei zählte Mallorca selbst nur wenige Covid-19-Infektionen. Seit dem Pandemie-Ausbruch gab es auf den Balearen insgesamt gut 2.500 bestätigte Fälle. Auch nach der Wiederöffnung Mitte Juni 2020 lagen die Zahlen der Neuinfektionen weiter niedrig, und keiner hat Interesse, daran etwas zu ändern. Ob Straßenkünstler, Taxifahrer oder Luxushotel-Manager – sie alle begrüßen in diesem Sinne die Ballermann-Schließung.
Sicherheitsmaßnahmen überzeugen
Bei mir hat die gezogene Ballermann-Reissleine mit den verschärften Kontrollen und der allgemeinen Maskenpflicht für ein stärkeres Vertrauen gesorgt. Von München aus plane ich zwei Mallorca-Tage und hoffe auf viele klischeefreie Momente mit Sonne tanken in einem abgelegenen, kleinen Hotel, auf wenige Menschen, ruhige Plätze und noch auf ein, zwei Gelegenheiten, an einem Studienprojekt weiterzuschreiben.
Schon am Münchner Flughafen wird mir der Wunsch nach wenigen Menschen erfüllt. Für ein noch besseres Gefühl sorgt auf dem Airport in Palma die Gesundheitskontrolle, durch die jeder per QR-Code-Scan muss. Bereits online hatte man dafür ein gesundheitsbehördliches Kontrollformular (FCS) auszufüllen. Einfach einreisen und anonym Corona verteilen – da sagen die Mallorquiner soweit es geht „no así no“.
Reset-Knopf mit zirpendem Sound
Etwa 30 Autominuten später bin ich bereits nordöstlich nahe Puerto Portals in der Provinz Calvía unterwegs und erreiche die palmenumsäumte Auffahrt des Castell Son Claret. Das Team des Anwesens begrüsst mich mit hausgemachter Limonade aus den Zitronen im Vorgarten und einem Starter-Hygiene-Set aus Maske, Desinfektionstuch und Einmal-Handschuhen – dem neuen „Willkommensritual“ im Jahr 2020. Ich unterschreibe zügig mit dem in Folie verpackten Stift und drücke endlich meinen persönlichen Reset-Knopf im Kopf – und der klingt vor allem nach tausendfachem Zirpen, nach einem Streichkonzert der „Mallorquiner Philharmoniker“: Der Sound von hunderten Grillen in der 132 Hektar großen Schlossanlage hallt im gesamten Tal nach, mit dem Tramuntana-Gebirge im Rücken. Rückzugstage mit mediterranem Chillout-Sound, genau das hatte ich mir erhofft.
Das Castell Son Claret, ein Leading Hotels of the World am Rande des Dorfes Es Capdellà, war einmal im 19. Jahrhundert ein Schloss, 2013 ließ die Hamburger Unternehmerfamilie Kühne das Anwesen mit den 41 Zimmern und Suiten restaurieren und erweitern. Einige Zimmer und Suiten befinden sich mit ihren Terrassen im historischen Haupthaus. Zu den Gartensuiten – in den ehemaligen Ställen des Herrschaftshauses samt maurischem Brunnen und privaten Hof – gelangt man auf dem Weg zum Tennisplatz. Und hier in der Nähe befinden sich auch die neuen Poolsuiten (Foto unten), mit privatem Garten und Pool. Alles im Finca-Stil mit Castell-Attitüde.
In die Berge schwimmen
Ich bleibe im alten Haupthaus und wohne in einer der beiden 70 Quadratmeter großen Turmsuiten – mit Esstisch für vier, gemütlichem Sofa und meinem Highlight: der historischen Panoramaterrasse mit Blick auf das Restaurant und den so schlicht-schönen Pool. Innerhalb von zwei Minuten kann ich vom Zimmer aus morgens, mittags, abends ins Becken springen und die Berge um mich herum erschwimmen. Ein paar Kinder und viele Paare machen es mir gleich – alle im sonnigen Ruhe- statt Partymodus, und manche noch am Beckenrand schwärmend von ihrer einstigen Hochzeit im Castell. Mallorca auf diese Weise in diesem Sommer – nichts ist mehr selbstverständlich, das scheint allen hier klar.
Wie eine kleine Familie sehen wir uns später auf der Terrasse des Restaurants Oliviera wieder. Jeder an seinem eigenen Tisch mit reichlich Abstand, jeder im regen Austausch mit dem Barchef, Sommelier oder Restaurantleiter, die alle vorbeikommen und wissen, was einem gerade schmecken könnte. Und man freut sich zugleich mit dem seit Juli wiedereröffneten Hotel, dass jeden Tag mehr Gäste einchecken. Viele von ihnen, weil sie schon einmal da waren und wissen, dass „Distancing ohne große Einschränkungen“, wie der deutsche Direktor Björn Spaude es avisiert, hier bestens funktionieren kann.
Bike und Palma
Zwischendrin schnappe ich mir ein Fahrrad, das das Castell bereitstellt, und fahre ein bisschen durch die Anlage und bis ins nächste Dorf nach Es Capdellà und wieder zurück. Schnell wird es dabei ursprünglich, über Stock und Stein, hier und da auch Esel unter Bäumen. An einer Weggabelung ein großes Wanderschild mit Routen durchs Gebirge. Wer Zeit und Muße hat, kann direkt losstarten. Ich fahre zurück, springe in den Pool und arbeite ein bisschen bei bestem WLAN an meinem Lieblingsarbeitsplatz, meiner Zimmer-Terrasse mit Blick auf Mallorca, nichts als Mallorca.
Und dann wage mich am zweiten Tag doch noch kurz nach Palma und laufe nach einer 20-minütigen Taxifahrt am Strand entlang, an dem sich im Moment vor allem die Spanier sonnen. In der ziemlich leeren Altstadt sehe ich wenig später nur Menschen, die zu zweit, zu dritt schlendern und Maske getragen. Überall bekommt man noch einen Platz auf den Café- und Restaurantterrassen. Der Sommer 2020 auf Mallorca – er ist vor allem pures Mallorca ohne Klischees.
Sylvie Konzack …
war bisher tatsächlich nur im Winter auf Mallorca und hat jetzt eine noch leerere Insel als in der Nebensaison erlebt. Wer sie jetzt besucht, erlebt das lonely Mallorca in seiner gesamten regenerierten Schönheit – und leistet mit allen Sicherheitsmaßnahmen Gutes, in dem er der facettenreichen Tourismuswirtschaft ein Stück weit eine Chance zum Überleben gibt.
Auf einen Blick
Anreise: Von vielen europäischen Metropolen aus gelangt man per Flugzeug innerhalb von zwei bis drei Stunden auf die spanische Insel Mallorca. Das Castell Son Claret befindet sich im Landesinneren am Fuße des Tramuntana Gebirges, etwa 30 Autominuten nordöstlich des Flughafens Palma de Mallorca und nahe Puerto Portals in der Provinz Calvía.
Hotel: Das Castell Son Claret ist eine Schlossanlage aus dem 19. Jahrhundert und wurde 2013 von der deutschen Unternehmerfamilie Kühne mitsamt seines weitläufigen Gartens restauriert. Das Anwesen umfasst 41 Zimmer und Suiten in verschiedenen Häusern – im Hauptgebäude, in den ehemaligen Ställen des Herrschaftshauses (Gartensuiten) und in einem neuen Gebäude mit den Poolsuiten. Zur Gastronomie gehört das Restaurant Oliviera mit typisch spanisch-mediterraner Küche sowie die Bar im ehemaligen Kutscherhaus. Bis vor kurzem gehörte auch das Zwei-Sterne-Michelin-Restaurant Zaranda mit Chefkoch Fernando P. Arellano dazu, das aber inzwischen geschlossen ist. Das Mitglied der Leading Hotels of the World verfügt über ein Spa und einen Außenpool.
Tagungen, kleinere Meetings und Incentives sind im 30 Quadratmeter großen Konferenzraum, in der historischen Olivenölmühle sowie auf dem gesamten Gelände inklusive der Suiten, vor allem der Garten- und Pool-Suiten, möglich. Das hauseigene WLAN-Netz ist auf dem gesamten Anwesen störungsfrei.
Adresse: Castell Son Claret, Carrerea Es Capdellà, 07196 Es Capdellà, Calvià, Mallorca, Islas Baleres, Spanien, +34 971 138 629
Fotos: Konzack, Castell Son Claret