„Düsseldorf hat mehr zu bieten als Mettbrötchen und Altbier: Die Stadt ist eine echte Gourmetadresse geworden.„
Wer, wie ich, im Rheinland groß geworden ist, vergisst die kulinarischen Eckpfeiler seiner Heimat nie. Currywurst, Backfisch, Sauerbraten, Mettbrötchen und Altbier. Das rheinische „Street-Food“ gibt es auch heute noch an jeder Ecke in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Doch jenseits meiner zugegebenermaßen sentimentalen Erinnerungen ist Düsseldorf mittlerweile eine echte Gourmetadresse geworden.
Business Food
Pünktlich zur Mittagszeit füllen sich die neuen Restaurants zum Beispiel rund um die Mühlenstraße und der nahen Altstadt. Französisches Bistro, amerikanisches Steakhouse, spanische Tapas-Bar oder das ehrliche „Mutter Ey Café“ mit Galerie – das neue Andreas Quartier will eine neue Anlaufstelle für das gehobene Publikum sein. Das gelingt, auch wenn mein Favorit auf der anderen Straßenseite liegt. Der Grund ist ein Gericht, das ich schon lange nicht mehr auf einer Karte gesehen habe: geröstete Markknochen mit selbstgebackenem Brioche. Irgendwie passt der Teller mit dem halbierten Knochen und dem frischen Brot aus der Küche der „Brasserie Stadthaus“ genau hierher – in die raue Düsseldorfer Altstadt.
Wen es beruflich eher in Richtung Medienhafen zieht, der findet dort eine Reihe guter Adressen für den hungrigen Geschäftsreisenden. Mein All-time-Klassiker (weil ich dort fast immer Freunde, Künstler und entspannte Menschen treffe) ist „Roberts Bistro“. Aber Vorsicht: Der Laden ist immer voll, laut und turbulent und eignet sich eher weniger für Gespräche über Steueroasen oder Unternehmensfusionen.
Sterne-Küche
Er möchte kürzer treten: Zwei-Sterne-Koch Jean-Claude Bourgueil schließt sein legendäres „Schiffchen“ und will mit altgedienten Mitarbeitern das „Im Schiffchen bei Enzo“ eröffnen. Wie gut, dass es die Japaner gibt. Die fühlen sich am Rhein so wohl, dass sich hier auch die größte japanische Gemeinde Deutschlands versammelt hat. Das bringt dem Gourmet unter den Geschäftsreisenden durchaus Vorteile – wenn er zum Beispiel im Sterne-Restaurant „Yoshi by Nagaya“ einen Tisch ergattern kann. Der Meister am Herd, Yoshizumi Nagaya, serviert ein Menü mit acht außergewöhnlichen Gängen, die täglich wechseln. Lassen Sie sich gleich auf das ganze Paket ein und bestellen Sie korrespondierende Sake-Pretiosen. Es lohnt sich.
Street-Food
Vom Edeljapaner zum Essen auf die Hand – größer kann der Unterschied nicht sein. Obwohl: Auch das Düsseldorfer Stammessen ist eine Tradition für sich. Dazu begebe man sich (ich spreche aus langjähriger Erfahrung!) in die Altstadt, zu einer der wenigen verbliebenen Altbier-Privatbrauereien der Stadt. Das obergärige dunkle Bier wird hier noch gefeiert, während es im Umkreis – leider auch bei meinen Jungs aus der Jugend – mittlerweile vom bekömmlicheren Pils oder Kölsch mengenmäßig so richtig einen eingeschenkt bekommt. Doch hier im „Uerige“, „Füchschen“, „Kürzer“ oder „Zum Schlüssel“ bekommt jeder, was er verträgt. Und das ist neben den süffigen 0,2-Gläsern auch das deftige Essen. Lassen Sie die vielen Pizza- und Fast-Food-Läden der Altstadt links liegen, setzen Sie sich auf die Holzbänke des „Uerige“ und bestellen Sie im Sommer die Currywurst, das Gulasch oder einfach Mettbrötchen. Im Winter unbedingt die Suppen und den Grünkohl ordern. Ich habe mit vielen Geschäftsfreunden die Erfahrung gemacht, dass ein „Meeting“ hier für Auswärtige ein echtes Erlebnis ist. Außerdem hat sich die Altstadt mit ihrem Ruf als „längste Theke der Welt“ schon längst wieder in ein familienfreundliches Party-Biotop gewandelt (altbier-safari.de/brauereien.php).
Drinks
Alte Regel: Was in der Altstadt passiert, bleibt in der Altstadt. Die gepflegten, stylischen Bars sind nicht weit. Drei möchte ich ans Herz legen: Das „Colette La Belle“, auf der anderen Seite des Rheins im Stadtteil Oberkassel gelegen, ist eine Mixtur aus guten Longdrinks (keine Cocktails) und einem coolen, jungen Publikum. Künstler, Selbstständige, Schriftsteller, Fernsehmenschen – hier redet jeder mit jedem (Oberkasselerstr. 79). Die „Beuys Bar“ – benannt nach Joseph Beuys, einem der größten Künstler der Stadt – duckt sich am Rande der Altstadt im Schatten des Andreas Quartier. Das unscheinbare Schild am Eingang lässt nicht erahnen, dass hinter der Tür die wohl coolste Location der Stadt zu Hause ist. Die Bar ist fett, die Auswahl und das Handling der Crew hinter der Bar spektakulär. Wer einen ganzen Abend über Gin philosophieren will, ist hier richtig.
Kai Böcking …
ist gebürtiger Rheinländer und Düsseldorf sein zweites Wohnzimmer. Trotzdem schafft es die Stadt immer wieder, ihn zu überraschen – und der alten Liebe neue Impulse zu geben.
Fotos: © iStock.com/Spiderstock, Brasserie Stadthaus, Yoshi by Nagaya, Brauerei Kürzer